Nicht alles ist wichtig im Lebenslauf – außer der Wahrheit. Aber wie verpacke ich mein Leben von 24 oder 30 Jahren in einen Lebenslauf? Was ist wichtig – was überflüssig? Darf ich den Lebenslauf ‚aufhübschen‘?

Dem Phänomen des ersten Eindrucks kann sich niemand entziehen. Dies ist beim persönlichen Kennenlernen ebenso der Fall wie beim Lesen eines Lebenslaufs. Innerhalb von Sekunden scannt der erfahrene Personaler Ihr Anschreiben sowie den Lebenslauf und entscheidet subjektiv, ob er sich interessiert den persönlichen Daten des Bewerbers im Detail zuwendet oder sich lieber mit dem Auffinden von Schwachstellen befasst. Es ist deshalb wichtig, sich einige Fakten beim Schreiben des Lebenslaufs vor Augen zu halten.

Der Leser
Am besten Sie stellen sich den Leser – das kann der Personalverantwortliche, der Geschäftsleiter oder ein Fachvorgesetzter sein – als eine erfahrene Person vor, die darin geübt ist, schnell das Wesentliche zu erfassen. Dazu steht die Person unter Zeitdruck und arbeitet daran, mehrere Aufgaben am besten schon gestern erledigt haben zu wollen. Ein Lebenslauf von vier Seiten wird da schnell als Zumutung aufgefasst. Eine unklare Gliederung wird nur als nervig, weil zeitstehlend, empfunden.

Das Anschreiben
Das Anschreiben empfinden Bewerber oft als die größte Herausforderung beim Abfassen einer Bewerbung. Tatsächlich ist es die Eintrittskarte für den Leser. Jeder Satz, jedes Wort, ja jedes Satzzeichen muss stimmen. Im Stil ungekünstelt, in der Aussage scharf und eindeutig, lieber knapp als ausschweifend: Mit Recht nicht einfach zu erreichen, aber der Aufwand für ein gutes Anschreiben wird belohnt durch interessiertes Weiterlesen Ihres Lebenslaufs.

Die Leserführung
Denken Sie daran: Personaler haben keine Zeit. Daher darf der Lebenslauf auch knapp sein. Bei den Schulzeiten reicht es, das Anfangs- und das Abiturdatum anzugeben. Wenn Sie keine berufliche Erfahrung vorweisen können, punkten Sie mit Praktikumserfahrung und Ihrer Ausbildung. Mit dem Thema Ihrer Bachelor- oder Master-Thesis können Sie Ihre speziellen Interessen bezeugen. Leiten Sie den Leser durch Ihren Lebenslauf so, dass er einerseits schnell das Wesentliche erfassen kann und andererseits die Stellenausschreibung in Ihrem Lebenslauf zumindest teilweise wiederfindet. Ein Tipp: Gliedern Sie den Ein ganzes Leben auf zwei Seiten? Beim Schreiben des Lebenslaufs kommt es auf die Details an. Lebenslauf so, dass Sie die Gliederungsblöcke immer noch klar unterscheiden können, auch wenn Sie die Augen halb zukneifen.

Die Form
Eine schnelle Orientierung für den Leser muss oberstes Ziel bei der Festlegung der Form Ihres Lebenslaufs sein. Verzichten Sie auf Schnickschnack in Form von Farbspielen, unterschiedlichen Schrifttypen, Variationen der Schriftgrößen und exotische Dateiformate. „Persönliche Daten“ (siehe Checkliste I), „Ausbildung“, „beruflicher Werdegang oder Erfahrung“, „Weiterbildung“ und „Interessen und Hobbys“ sollten die wesentlichen Gliederungspunkte sein. Letzteres können Mitgliedschaften in Gemeinschafts- oder Berufsorganisationen oder private regelmäßige Aktivitäten sein. Schließlich können unter„Kenntnisse“ spezielle IT-Kenntnisse und Fremdsprachenwissen aufgelistet werden (siehe Checkliste II).

Funktional oder tabellarisch?
Grundsätzlich werden funktionale, ausführliche und tabellarische Lebensläufe unterschieden. Am gebräuchlichsten ist der tabellarische Lebenslauf. Dieser kann chronologisch oder antichronologisch (letzte Tätigkeit zuerst) strukturiert werden.

Der antichronologische Aufbau empfiehlt sich, wenn Sie bereits einen umfangreichen Berufsweg vorzuweisen haben oder sich bei einer angelsächsischen Firma bewerben.

Im funktionale Lebenslauf werden kombinierbare Informationen von verschiedenen Gliederungsblöcken in einem neuen Gliederungsblock zusammengefasst: beispielweise Ferienjobs, Praktika und berufliche Tätigkeiten unter einem Gliederungspunkt „praktische Erfahrungen“. Diese Form empfiehlt sich für Freiberufler, die zahlreiche Projekte bearbeitet haben oder für gebrochene, beispielsweise bei Quereinsteigern, oder lückenhafte Lebensläufe.
Der ausführliche Lebenslauf schließlich setzt den Werdegang in Textform um und beschreibt ebenso wie der tabellarische Lebenslauf den Lebensweg in chronologischer Reihenfolge. In den Alpenländern wird manchmal noch ein handgeschriebener Fließtext verlangt, der dann noch einem Graphologen zur Bewertung vorgelegt wird. Wenn Sie Ihren Lebenslauf in dieser Form erstellen sollen, werden Sie ausdrücklich dazu aufgefordert.

Inhalte
Was ist wichtig, was überflüssig? Denken Sie erneut an den Leser. Was ist oder was könnte für ihn wichtig sein? Das ist oberste Maxime beim Abfassen des Lebenslaufs und nicht das, was eventuell meine Sportfreunde an mir interessiert. Bei den formalen Inhalten ist besonders auf die Genauigkeit der Angaben und die Logik der miteinander verknüpften Informationen zu achten. Das fängt beim Ausbildungstitel an: Schauen Sie einmal in Ihr Zeugnis, wie der Titel genau heißt. Nach meiner Erfahrung weiß das erstaunlicherweise nur eine Minderheit der Bewerber. Weitere klassische Fehler, wie Zahlen- oder
Buchstabendreher und orthografische Fehler, sind ebenfalls weit verbreitet. Das muss nicht sein, wirft aber ein ungünstiges Licht auf den Bewerber. Wenn Sie berufliche Erfahrung oder Praktika absolviert haben, geben Sie Ihrer Funktion einen Namen. Unter ‚Mitarbeiter‘ oder ‚Praktikant‘ kann sich der Leser nur sehr wenig vorstellen.
Bewerben Sie sich auf eine Stellenausschreibung, liegt Ihnen normalerweise ein Anforderungsprofil vor. Sie selber haben ein Qualifikationsprofil. Prüfen Sie, wo Sie Deckungsgleichheiten in den Profilen haben, und betonen Sie diese im Lebenslauf. Je besser beide Profile übereinstimmen, umso größer sind Ihre Chancen,
zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Kompetenzen
Je genauer der Lebenslauf auf die Anforderungen des Unternehmens angepasst wird, desto leichter nehmen Sie die nächste Hürde. Denn Fakten und Informationen aus Ihrem Lebenslauf sind für den Leser im Wesentlichen nur im Zusammenhang mit den geforderten fachlichen, methodischen und personalen Kompetenzen wichtig. Beachten Sie auch, dass Sie nicht alles auflisten müssen, was Sie an Kompetenzen oder Softskills vorweisen können. Wenn Sie World of Warcraft-Gamer oder Grand Theft Auto-Fan sind, spielen Ihre dabei erworbenen Fähigkeiten in der Regel keine Rolle für Ihre Bewerbung, es sei denn, Sie bewerben sich bei einem IT-Unternehmen mit genau diesem Schwerpunkt. Alles, was Sie im Lebenslauf aufführen, sollte einen Bezug zur ausgeschriebenen Stelle oder zum Unternehmen haben.
Das Schönen von Lebensläufen oder Befähigungen ist hochbrisant. Meist fällt es auf, weil der Leser über die Berufsjahre hinweg ein enormes detektivisches Gespür entwickelt hat. Bleiben Sie daher in dem, was Sie über sich sagen, ehrlich und authentisch.

Papierform oder elektronisch?
Ihr Anschreiben und Ihr Lebenslauf sind die ersten Arbeitsdokumente, die Personalverantwortliche von Ihnen sehen. Ob Sie sich per Post, per E-Mail oder über ein Online-Formular bewerben, hängt davon ab, welche Bewerbungsform das Unternehmen bevorzugt. Wenn auf der Firmenwebseite ein Online-
Bewerbungsformular vorhanden ist, sollte man dieses nutzen. Wenn nicht, können Sie zwischen E-Mail oder Print wählen. Bewerbungen per E-Mail sind heute die übliche Methode, da sie generell einfacher zu handhaben sind als Bewerbungsmappen in Papierform. Wollen Sie sicher gehen, werfen Sie einen
Blick auf die Stellenanzeigen des Unternehmens. Dort ist üblicherweise die gewünschte Bewerbungsform vermerkt.

Selbstmarketing
Für ein gutes Selbstmarketing muss ich mich in den Kopf des Lesers hineinversetzen. Der Leser soll im Lebenslauf erkennen, dass Sie fachlich kompetent sind und mit Ihrer Persönlichkeit gut zur Firmenkultur und ins Team passen. Wollen Sie für sich werben – sich be-“werben“ – müssen Sie für sich beantworten,
welche Qualitäten und Fähigkeiten Sie haben und welche spezielle Kombination von Fähigkeiten Sie für einen Arbeitgeber interessant machen. Ihre Ausbildung, Tätigkeiten, Hobbys und Fortbildungen passen zum Anforderungsprofil?
Dann beschreiben Sie genau das bestimmt und selbstbewusst, aber ohne angeberisch oder wichtigtuerisch zu formulieren.

Zum Schluss
Es gibt immer noch Bewerber, die ihren Lebenslauf in Excel abfassen. Das Kalkulationsprogramm enthält zweifelsohne zahlreiche interessante und anwenderfreundliche Funktionen. Für die Abfassung eines Curriculums ist es aber nicht das geeignete Werkzeug. Am Ende des Lebenslaufs sollte ein Datum stehen, an dem Sie das Dokument verfasst haben. Weiterhin können Sie Ihren Namen mit eingescannter Unterschrift einfügen. Ob Sie das Ganze als Word-Dokument oder im PDFFormat übermitteln, halte ich für unbedeutend.

Fazit
Eine Entscheidung für eine Absage fällt häufig innerhalb weniger Sekunden beim Lesen des Lebenslaufs. Denken Sie beim Abfassen des Lebenslaufs vom Leser aus. Er muss sich darauf freuen, nach dem Lesen des Lebenslaufs Sie auch persönlich kennen zu lernen. So überstehen Sie die erste Hürde des Bewerbungschecks mit Bravour und eröffnen sich die Chance für die nächste Auswahlrunde.

Quelle: dlz Karriere 2014

Über den Autor Roger Fenster:

Roger Fenster ist ausgebildeter Diplom-Agraringenieur. Nach seinem Studium an der Georg-August-Universität Göttingen wechselte er an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, wo er 1982 zu einem ernährungsphysiologischen Thema promoviert wurde.

Zwei Auslandstätigkeiten in der damaligen Sowjetunion und der Türkei folgte eine Anstellung bei dem Weltkonzern Hoffmann-La Roche in der Schweiz. Hier begleitete er zunächst eine Vertriebsassistenten-Funktion in Dänemark, der unterschiedliche regionale und globale Funktionen in der Basler Zentrale folgten.

Ende des Jahre 1996 gründete er das Personalberatungsunternehmen AGRI-associates Deutschland, das Vermittlungsmandate in ganz Europa und darüber hinaus betreut. Über die Gemeinschaft mit AGRI-associates Büros in den USA werden auch Mandate in Nord- und Südamerika betreut.