Die Suche nach Mitarbeitern wird immer schwieriger. Da hilft nur, sich den Nachwuchs selbst heranzuziehen und langfristig zu binden. Wie Sie das schaffen, zeigt Johannes Eger im Interview.

Zum 1. August startet für viele Jugendliche das Ausbildungsjahr. Die Corona-Pandemie hinterlässt auch hier Spuren: Bundesweit sank das Ausbildungsangebot 2020 im Vergleich zum Vorjahr um über 50 000 Ausbildungsplätze bzw. um knapp 9 % auf 527 400. Das geht aus der Analyse des Bundesinstitutsfür Berufsbildung (BIBB) hervor. Entgegen dem Trend konnte nur die Landwirtschaft mit einem Anstieg aufwarten: In den »Grünen Berufen« wurden (zum Stichtag 30. September 2020) bundesweit insgesamt 13 488 neue Ausbildungsverträge (plus 0,9 % zum Vorjahr) abgeschlossen. Dabei geht der Trend zum Kandidatenmarkt: Immer mehr Lehrstellen bleiben unbesetzt.

Herr Eger, angesichts dieser Entwicklung muss ich mich auch als Ausbildungsbetrieb als attraktiver Arbeitgeber profilieren. Wie gelingt das?Dass sich die angehenden Azubis ihren Lieblingsarbeitgeber aussuchen können, ist die Kehrseite des Fachkräftemangels. Sie können wählerisch sein und ein Teil der Ausbildungsbetriebe kann die offenen Stellen für grüne Berufe nicht adäquat besetzen. Umso wichtiger ist es, die jungen Leute für den eigenen Betrieb zu begeistern. Es geht um nichts anderes als um Marketing. Imagearbeit über Social Media-Kanäle wie Instagram, Facebook, Youtube oder TikTok sind dabei ein wichtiges Thema.

Damit die Betriebe und Jugendliche zusammenfinden, hängt sicherlich auch vieles von der Formulierung der Stellenanzeige für eine Lehrstelle ab. Genau richtig. Die Macher der Azubi-App TalentHero haben dazu aktuell eine Umfrage unter Jugendlichen gemacht. Das Ergebnis: Stellenanzeigen sind unverständlich und wirken unglaubwürdig. Die Befragten beschweren sich über Buzzwords, Anglizismen und Fachausdrücke anstatt der für sie relevanten Informationen: Arbeitsort, die Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven nach der Ausbildung und das Gehalt. Aussagen dazu
werden von der Hälfte der Befragten nur manchmal, selten oder nie in Stellenanzeigen gefunden. Das ist natürlich fatal.

Die Einladung zu einem Betriebsbesuch, ein Probearbeiten bzw. Praktikum – das ermöglicht persönlichen Kontakt und ist oft der Schlüssel zum Erfolg.

Ein Ausbildungsangebot sichert die guten Fachkräfte für morgen.

Johannes Eger, AGRI-associates GmbH, Nördlingen

Sie hatten die Bedeutung von Social Media für die Imagearbeit schon herausgestellt. Sind das auch die Kanäle, über die man potentielle Azubis erreicht? Ich denke, je jünger die Person wird, die Sie ansprechen wollen, desto eher müssen Sie über Social Media gehen. Im ersten Moment sprechen wir über einen eigenenen Kanal, über eine eigene Seite, die durch regelmäßigen Content attraktiv gehalten wird. Und das ist ein längerfristiger Prozess. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass Ads – also digitale Werbeanzeigen – gerade bei Jugendlichen und auch noch auf Facharbeiterebene zum Erfolg führen können. Es handelt sich hierbei um beworbene Stellenanzeigen für wenige Euro. Man kann die Reichweite und die Zielgruppe gut und einfach eingrenzen und erhöht die eigene Sichtbarkeit mit überschaubaren Beträgen von 50 bis 100 € erheblich. Da kann keine Stellenanzeige in der Tageszeitung oder in Jobbörsen mithalten. Aus meiner Sicht haben Ads diesen inzwischen den Rang abgelaufen.

Welche Rolle spielt denn dann der persönliche Kontakt? Der ist nach wie vor ganz wichtig. Ein Betriebsbesuch, ein Probearbeiten oder Praktikum, die Einladung zum Hoffest oder Tag des offenen Hofes – nutzen Sie solche Chancen, um die Begeisterung für den Betrieb zu transportieren. Selbst auf den Schlepper steigen zu dürfen und ein paar Runden zu drehen ersetzt nun mal immer noch jedes Youtube-Video oder noch so emotinale Bild bei Instragram. Aber auch T-Shirts mit Firmenlogo für jeden Mitarbeiter, das gemeinsame Frühstück, Grillabende – solche Aktionen vermitteln Wertschätzung und steigern das Zusammengehörigkeitsgefühl. Außerdem spricht sich das gerade unter jungen Leuten schnell herum. Und wenn der Funke übergesprungen ist und der Betrieb gepaart mit einer abwechslungreichen Tätigkeit gefällt, sind viele Jugendliche auch bereit, Kompromisse einzugehen.

Das wird auch Schüler für die »Grünen Berufe« begeistern, die nicht unmittelbar aus der Landwirtschaft kommen? Naja, man könnte schon noch mehr gegen die Vorurteile in den Köpfen vieler Schüler und Eltern tun. Da heißt es Aufklärungsarbeit zu leisten. Sie tun jeden Tag so viel Gutes für Nachhaltigkeit, Umwelt und Tierschutz – das mag für viele von uns Landwirten selbstverständlich sein. Wenn Sie davon authentisch einem Außenstehenden erzählen, trägt das schon zur Imagepflege bei. Denn das vorherrschende gesellschaftliche Bild passt zumeist nicht mit der modernen Landwirtschaft überein. Sie müssen da die Welt nicht neu erfinden. Beherzigen Sie das Motto: Tue Gutes und sprich darüber!

Und wie gelingt es, die jungen Leute langfristig ans Unternehmen zu binden? Ich sagte es schon: Identifikation ist das A und O. Aber auch Zusatzqualifikationen oder die Unterstützung leistungsschwächerer Azubis in der Ausbildung oder die Teilnahme an Berufswettbewerben kann Anspon sein. Hier ist Kreativität gefragt.

Die Fragen stellte Thomas Künzel
Quelle: DLG-Mitteilungen 08/2021